Wie klingt deine Stadt?

Ermöglicht durch das Quartier U1 (Gefördert als Akteursprojekt im Quartier U1) – Rund um die U-Bahn-Station Plärrer und ausserhalb des Quartiers

Das interdisziplinäre Projekt „Wie klingt deine Stadt“ hat über die Fragestellung nach Klang während des Projektzeitraums einen Perspektivwechsel vollzogen. Ausgangspunkt war das Hören von Stadtraum, der an der U1 entlang prägend durch den Klang der U-Bahnhöfe uns zu einer weiteren Fragestellung gebracht hat. Wer hat Zugang zu Infrastruktur und weshalb? Wie verändern sich Orte über den Klang? Wie verknüpfen sich Orte/Städte durch ein unterirdisches Transportsystem? Wer entscheidet Infrastruktur, und wo können wir selbst Fragen stellen/intervenieren?

Wie die meisten Projekte des ersten Quartals 2020 ist Covid-19 als unvorhersehbares Element spürbar gewesen. Die Projektklasse der AdBK Nürnberg „Dynamische Akustische Forschung“ unter der Leitung von Prof. Jan St. Werner versteht sich als offenes Kollektiv. Insbesondere durch direkten Austausch und gemeinsame Hörerlebnisse wird an neuen Ausdrucksformen der bildenden sowie akustischen Kunst geforscht.

Das Projekt „Wie klingt deine Stadt?“ hatte, nachdem die Hochschulinterne Struktur stagnierte, den ersten positiven Aspekt sich weiterhin in aktiver Auseinandersetzung zwischen den Studierenden der Klasse zu befinden. Anfänglich über online Medien, anschließend wieder direkt im Stadtraum. Als wir uns also wieder physisch treffen durften, konnten wir in Situ mit Klang experimentieren, den Stadtraum wahrnehmen und dem öffentlichen Raum akustisch aufnehmen.

Nachdem wir das Projekt umdenken mussten und sich dafür eine Gruppe formiert hat, für die es möglich war während des Lockdowns künstlerisch zu arbeiten, standen wir vor der Herausforderung, in Distanz und von zu Hause aus, eine Arbeit zu entwickeln. Erst als die Ausgangsbeschränkungen gelockert wurden uns wir uns in Zweierteams am Plärrer treffen durften, nahm das Projekt langsam Gestalt an. Wir konnten uns auf Orte einlassen und mussten nicht jede*r für sich Erfahrungen sammeln, konservieren und über zoom mit den anderen teilen. Das nächste Problem war die bis Ende Juni nur langsam gelockerten Öffnungszeiten und -Regeln der Akademie. Als Gruppe, die auch in der Vergangenheit schon oft zusammen gearbeitet hat, merkten wir, wie viel komplizierter Prozesse sind, wenn die Rahmenbedingungen sich plötzlich ändern. Erst fehlten die kurzen Gespräche im Flur, dann dann ein Ort, um unsere Ideen ausprobieren und umsetzen zu können. In kleinen Gruppen machten wir uns trotzdem an die Aufgabe, die leuchtenden, tönenden Schilder zu bauen. Ab da kamen immer wieder neue Probleme (pulsierende Verstärker, durchgebrannte Schalter, fehlende Folie…) auf, die wir mit Zeit, Überlegen und Probieren lösen konnten.

Ein großer Schritt war das Anfertigen eines Dummys eines U-Bahn Schildes aus Karton, den wir am Plärrer und in der Rosenau an vorgefundenen Stangen hängten. Wir kamen über unser ungewöhnliches Handeln schnell in Kontakt mit Passant*innen – von Blickkontakt bis zu Gesprächen. Beim Bauen der Schilder gab es immer wieder intensive Momente und ästhetische Erfahrungen – als die blau folierten Plexiglasscheiben in die Multiplexrahmen geschoben waren, als diese dann mit dem Umlegen eines Schalters zu leuchten begannen und später noch dazu Geräusche machten. Auf der Straße sitzen und sich die Aufnahmen von einem in der Rolltreppe festhängenden Zigarettenfilter anhören (und Reaktionen Fremder mitbekommen), löten, Schaltungen verstehen, neue Bauteile entdecken. Beim Planen und Konstruieren der Kästen haben wir einiges ausprobiert, waren manchmal ratlos aber haben viel neues gelernt. Mit den Lastenrädern, die wir von N.Ort und Urban Lab ausleihen durften, konnten wir an abgelegene Orte gelangen. Sowohl wir als auch die vereinzelten Spaziergänger*innen waren tief beeindruckt von der Atmosphäre, die durch das Zusammenspiel aus verwunschener Natur und daran geklemmter Technik entstand.

Als wir das Schild in einem Baum in der Rosenau aufhingen, kam ein junges Mädchen näher und fragte, was wir da machten. Als wir behaupteten, eine neue U-Bahn-Station zu planen, wirkte sie nicht gerade begeistert. Auf unsere Frage nach dem Grund dafür, antwortete sie: „Weil hier so schöne Wiese ist.“ Wir versicherten ihr, dass wir keine Station bauen würden, wenn sie das nicht wollte. Der kurze Dialog mit der kleinen Anwohnerin beleuchtete gut einen Aspekt von U-Bahn-Stationen oder gar zu öffentlichem Raum im allgemeinen: Er ist wenig von der Öffentlichkeit bestimmt. Partizipation wurde unlängst vernachlässigt. Sicherlich war das Mädchen hier nur ein Anlass über die Fragestellung von Mitgestaltung im Stadtraum nachzudenken. Interessanterweise kamen ähnliche Nachfragen aber auch von anderen Passant*innen anderer Generationen.

Alle weiteren Aktionen waren außerhalb des Quartiers um die U1 verortet. Im Hainberg kamen wir mit Radler*innen und Spaziergänger*innen ins Gespräch, die vom Licht der Schilder angezogen wurden und sich aus der Nähe den Sound anhörten. Da wenig Leute unterwegs waren, erkannten sie uns schnell als Urheber*innen der Schilder und verwickelten uns in Gespräche. Sie waren von der geschaffenen Stimmung beeindruckt und interessierten sich für uns und unsere Gedanken, brachten eigene Gedanken ein und ließen sich von der Intervention begleiten. An städtischeren Orten gerieten wir seltener in Gespräche über die Schilder, sahen aber viele verwunderte Blicke und hörten einige irritierte Ausrufe. Auch wenn wir weniger Unterhaltungen führten, konnten wir beobachten, wie Passant*innen die Schilder fotografierten und ihre Funktionsweise verstehen wollten, indem sie sie genau untersuchten und anfassten.

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